© Frank Liebke | zur Startseite© Frank Liebke | zur Startseite© Frank Liebke | zur Startseite© Frank Liebke | zur Startseite© Frank Liebke | zur Startseite© Frank Liebke | zur Startseite© Frank Liebke | zur Startseite
 

Der Vertrag von Kremmen

Kreuz des Templerordens

Dr. Gerd Kley                                                                                                                      Januar 2018

Der Vertrag oder Vergleich von Kremmen vom 29. Januar 1318

– Hintergründe und Auswirkungen

 

Auf der damals in der Mark Brandenburg strategisch wichtigen Burg in der unmittelbar markgräflichen Stadt Kremmen kam es am 29. Januar 1318 zu einem Treffen zwischen dem Markgrafen Waldemar I. (auch: Woldemar) und dem damaligen Komtur von Erfurt und Topfstedt, Paul von Mutina (auch mit seinem italienischen Namen Paolo de Modena bekannt), als Vertreter des Johanniterordens. Zugegen waren viele hochgestellte Adlige und Kleriker des Landes als Zeugen. Die Verhandlungsvollmacht für den Johanniterorden erhielt Paul von Mutina auf einer Versammlung des Ordens im Dezember 1317 in Frankfurt am Main durch den „Heermeister, Kumthur und Ordensvisitators für die Lande diesseits des Meeres, Deutschland, Böhmen, Dänemark, Schweden und Norwegen“, Leonhard von Tibertis [1][2][3]. Paul von Mutina sollte in den deutschen Landen untersuchen, „in wie weit die Häuser, Kirchen, Orte, Besitzungen, Jurisdictionen, Einkünfte, Rechte, bewegliche und unbewegliche Güter des ehemaligen Tempelordens den Johannitern übergeben seien, und in welchem Zustand sie sich befänden, …“ [1].

Gegenstand der Verhandlungen in Kremmen war die Beilegung des Streites um das Erbe des vom Papst Clemens V. auf dem Konzil von Vienne am 22. März 1312 endgültig verbotenen Templerordens und die Übertragung seiner Güter auf den Johanniterorden. Die Übergabe wurde von den jeweiligen Landesherren, die zwischenzeitlich den Templer-Besitz verwalteten, immer wieder verzögert, so auch in der Mark Brandenburg. So schreibt Wedekind in [1] über den Markgrafen Waldemar: „Dieser hatte wohl nicht übel Lust; die herrlichen in seinen Landen gelegenen Tempelordens-Güter als Staatseigentum einzuziehen und zu behalten. Er nahm sie sogleich in Beschlag, so bald der Papst die Auflösung des Ordens 1308 ausgesprochen hatte und behielt sie zehn Jahre lang bis zum Jahre 1318, ohngeachtet der späteren päpstlichen Bestimmung.“ Bei den mächtigen Vertretern des Johanniterordens machte sich Unmut über den von ihnen so empfundenen Willkürakt breit, der schließlich zu dem Treffen in Kremmen führte. Weiter ging es bei den Verhandlungen um die zukünftigen Rechte und Befugnisse des Markgrafen hinsichtlich der Güter des Ordens in Brandenburg, den Herzogtümern Pommern-Stettin, Wendland und Mecklenburg sowie seinen Einfluss auf die Herrschaftsstruktur des Johanniterordens.

Neuere Forschungen gehen aber davon aus, dass die mehrjährige Verzögerung der Umsetzung der päpstlichen Weisung ganz simple Ursachen hatte. Die Zentrale der Johanniter, bisher in Zypern ansässig, fand sich im Umbruch, um sich auf der Insel Rhodos zu etablieren. Der Orden war personell nicht darauf eingestellt, die große Anzahl der Templer-Besitzungen „ordnungsgemäß“ und schnell zu übernehmen und konzentrierte sich auf die für ihn wichtigen und lukrativen Komtureien. Die norddeutschen Länder lagen im Randgebiet ihres Wirkungskreises und waren daher relativ unwichtig. Dazu kam das Problem der Kommunikation über riesige Entfernungen. Die jeweiligen deutschen Landesherren, so auch Waldemar, sprangen in diese „organisatorische Lücke“ ein, nicht nur, um Besitzansprüche geltend zu machen.

Der geistliche Ritterorden der Templer („Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem“) wurde 1118 in der Folge des 1. Kreuzzuges unter der Schirmherrschaft des Papstes von vorwiegend französischen Rittern durch Hugo von Payns und Gottfried von Saint-Omer mit Unterstützung des legendären Bernhard von Clairvaux gegründet. Die ursprüngliche Aufgabe des Ordens war es, Christen auf den Straßen des Heiligen Landes vor Überfällen zu schützen. Die Zentrale des Ordens lag lange Zeit in Jerusalem an dem Ort, an dem sich der Tempel Salomons, heute die Al-Aqsa-Moschee, befindet. In ihm waren erstmalig die sich eigentlich widersprechenden Ideale des Rittertums (Wehrhaftigkeit…) und die der Mönche (Gottgefälligkeit, Armut, Keuschheit, Askese…) vereinigt. Der Orden gliederte sich in acht nach den Sprachen eingeteilten „Zungen“. Zu den Templern deutscher Zunge gehörten die Großpriorate Deutschland und Böhmen/Österreich sowie die Priorate Polen, Dacien und Ungarn.

Der Orden entwickelte sich nach und nach zu einer militärischen Eliteeinheit des Papstes und weitete seine Einflussbereiche auch auf Europa aus. Bald stellte er auch das größte „stehende Heer“ der damaligen Zeit dar, was vielen Landesherren ein Dorn im Auge war. Die Einnahmen der Templer aus ihren Gütern mussten an die Residenzen in Palästina abgeführt werden. Ihr Besitz hatte sich im Bereich des Mittelmeeres und in Europa – besonders in Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland – durch vielfältige Schenkungen enorm vermehrt. So entwickelten sich ihre Stützpunkte zu Finanzplätzen, die in das Geldgeschäft der Regionen eingriffen. Die Templer führten erstmalig ein Geldtransfer- und -Kreditsystem ein. Um 1300 hatten die Templer in Europa ca. 9000 Besitzungen, wobei die Hauptquartiere in Paris und London sowie die bald nach 1200 gegründete Siedlung um die Komturei Tempelhof die größte Bedeutung hatten. Aus dieser Zeit sind Teile der ersten Komturei-Kirche, Gräber von Tempelrittern und wahrscheinlich Teile der Wehrmauer erhalten. Die Siedlung besteht nicht mehr. Ausführliches zur Kirche Alt-Tempelhof und zur Siedlungsgeschichte ist in [6] dargestellt.

Dorfkirche Alt-Tempelhof, Aufnahme um 1890
Vermutlicher Aufbau der Komturei Tempelhof (nach einer Zeichnung von 1878)

In Brandenburg, das schon um 1241 eine Balley der Templer hatte, besaß der Orden neben Tempelhof mit Rixdorf (damals Richardsdorf), Marienfelde und Mariendorf auch Anwesen in Templin, Lebus, Stargard, Lietzen, Quartschen, Zehden und Zielenzig.

Nach dem Vorbild des Templerordens entwickelten sich weitere ursprünglich ausschließlich caritative Ordensbruderschaften wie der Johanniterorden und der Deutsche Orden, die untereinander konkurrierten. Zwischen ihnen gab es zeitweilig sogar militärische Auseinandersetzungen

In den Machtkämpfen zwischen Papst und weltlichen Herrschern, namentlich dem französischen König Philipp IV., kam es zu Beginn des 14. Jahrhunderts, als die Päpste im französischen Avignon residierten, zu einer für die Templer schicksalhaften Entwicklung. König Philipp, der sich selbst um einen Titel des Templerordens beworben hatte, aber abgewiesen wurde, verlangte vom Papst Clemens, einem französischen Geistlichen, die Auflösung des Ordens. Sowohl vom König als auch von kirchlichen Konkurrenten wurden über die Templer Gerüchte in die Welt gesetzt, in denen sie der Ketzerei, der Sodomie und der Häresie bezichtigt wurden. Dahinter stand wohl Rachgier und die Habgier des Königs, der seinen total verschuldeten Staatshaushalt durch das Vermögen der Templer zu sanieren trachtete. Philipp drohte dem Papst einerseits mit einer Anklage wegen seiner angeblich vorhandenen unehelichen Kinder, andererseits kündigte er einen Prozess gegen die Templer aus o.g. Gründen an, der auch den Papst als deren Schirmherr beschädigt hätte.

Am 14. September 1307 erließ Philipp einen Haftbefehl gegen alle Templer, deren Eigentum der Kirche zuzuführen sei. Der Befehl ging versiegelt an alle relevanten Orte seines Königreiches. Die Briefe waren erst am 13. Oktober 1307, dem „schwarzen Freitag“, von den Behörden zu öffnen und deren Inhalt zu vollstrecken. Philipp löste damit die erste in der Geschichte bekannte landesweite polizeiliche Kommandoaktion aus. In deren Folge wurden in Frankreich Hunderte von Templern festgenommen und ihnen der Prozess gemacht. Wer nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannte (wie die beiden Führer Jaques de Moley und Geoffroy de Charnay), wurde jahrelang eingekerkert.

Der Papst beugte sich dem Druck des Königs und sanktionierte nachträglich dessen Vorgehen. Auf dem Konzil von Vienne verkündete er dann 1312 die Auflösung des Ordens. Mit der päpstlichen „Bulle ad providam“ vom 2. Mai 1312 wird der gesamte Besitz der Templer den Johannitern zugesprochen. Die Umsetzung dieser päpstlichen Anordnungen wird von Land zu Land unterschiedlich und oft mit Zeitverzögerungen ausgeführt. In einigen Ländern wie Spanien und Portugal blieben die Templer und ihre Güter im Wesentlichen unbehelligt. In den deutschen Landen erfolgt lediglich ihre Enteignung. Dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg wurde die Weisung des Papstes in einem Schreiben von 15. Mai 1312 mitgeteilt [2].

Verbrennung der Templer in Frankreich um 1310 (zeitgenössische Darstellung)
Markgraf Waldemar von Brandenburg  (Statue von Max Unger auf der  Mühlendammbrücke zu Berlin um 1894)

Der Johanniterorden entstand nach der Einnahme der Heiligen Stadt Jerusalem durch das Heer des Ersten Kreuzzuges im Jahre 1099 als Orden vom Hospital des Heiligen Johannes zu Jerusalem unter dem Geistlichen Gebhard und ab 1120 unter Raimund von Le Puy. Nach dem Vorbild der Templer entwickelte er sich bald auch zu einem Ritterorden. Nachdem die Kreuzfahrerstaaten im Heiligen Land untergegangen waren, wurde der Sitz des Ordens zunächst 1291 nach Zypern und 1309 nach Rhodos verlegt. Als schließlich auch Rhodos von den Osmanen erobert wurde, ließ sich der Orden nach mehreren Zwischenstationen 1530 in Malta nieder. Seither bürgerte sich der Name Malteserorden ein. Auch dieser Orden organisierte sich in sgn. Zungen (3 französische und 2 spanische Zungen sowie je eine italienische, englische und deutsche Zunge). Eine der ersten Komturen in Deutschland war Werben an der Elbe (seit 1160), die der erste Brandenburgische Markgraf Albrecht der Bär nach seiner Pilgerreise in das Heilige Land ins Leben rief.

Infolge der Reformation in Deutschland entstand unter der Schirmherrschaft des Kurfürsten Joachim II, der sich im Gegensatz zu seinem Vorgänger zu Luthers Lehren bekannte, 1538-40 ein protestantischer Zweig des Ordens, der bis heute Johanniterorden genannt wird. Ein Ordenszweig ist die Hilfsorganisation Johanniter-Unfallhilfe.

Der Johanniterorden war zu Beginn des 14. Jahrhunderts in Norddeutschland relativ unbedeutend. Erst der Vertrag von Kremmen bescherte ihm den Macht- und Besitzzuwachs, der dem Orden die Gründung der Balley Brandenburg ermöglichte. Die zunächst ohne feste Zentrale operierende Balley (Verwaltung von einzelnen Komtureien in einem Gebiet) erstreckte sich auf Komtureien im heutigen Sachsen-Anhalt (Werben) bis in die Neumark (Lagow, Sonnenburg…) und enthielt Einrichtungen im heutigen Mecklenburg, in Pommern-Stettin und im Wendland. Erst Mitte des 16. Jahrhunderts wurde mit Schloss Sonnenburg eine feste Zentrale installiert.

Kreuz des Johanniter- bzw. des Malteserordens

Der Vertrag von Kremmen und seine Folgen

 

Abb. 7: Vertrag von Kremmen

(Ausfertigung im Brandenburger Landeshauptarchiv, Rep. 9B, U 76)

 

In früheren Berichten über diesen Vertrag wird angegeben, dass er die Aufteilung des Templer-Besitzes in drei gleiche Teile für den Markgrafen, die Johanniter und die Kirche festlege. Dies ist dem Vertragstext nicht zu entnehmen. In einer zur Urkunde gehörigen Transkription aus dem 17. bzw. 19. Jahrhundert heißt es:

„Paulus von Mutila

Transact. des Johanniter-Ordens mit marggraff Woldemar zu Brandenbg., darin dem orden die Tempelschen güter versprochen werden, dahingegen aber der orden dem marggraffen 1250 marck Brandenbg. silbers zu zahlen verspricht und die stad Zilentzig mit etzlichen dorffern, so den Tempelschen vorhin gehöret, verhypotheciret uff 2 jahr.

Be[kennt]nus des marggraff Woldemers, das er dem orden Tzilentzigk mitt allen zubehorungen versatzt habe.

Anno 1318, Januar 31.“

 

 

Vertrag von Kremmen  (Ausfertigung im Brandenburger Landeshauptarchiv, Rep. 9B, U 76)

Markgraf Waldemar nimmt nach dieser Vereinbarung die nunmehr zum Johanniterorden gehörigen Besitztümer in den o.g. Gebieten unter seinen Schutz. Hierfür zahlt ihm der Orden mit Zustimmung der anwesenden Komture Ulrich von Sawe zu Gardow und Nemerow, Gebhard von Bortfelde zu Braunschweig und Goslar sowie Georg von Kerkow zu Zachau 1250 Mark Brandenburger Silbers. Die Stadt Zielenzig mit den zugehörigen Dörfern in der Neumark, die Markgraf Otto VI. in den Templer-Orden einbrachte, werden bis zur Zahlung für 2 Jahre zum Pfand ausgesetzt (ausführlicher Text in [2])

Siegel des Redeko von Redern auf der Urkunde

Die Urkunde wird durch die Siegel des Markgrafen und mehrerer Zeugen bestätigt, darunter Graf Günter von Kevernberg, Droiseke von Kröchern, Henning (Johann) von Greifenberg und, interessant für unsere Lokalgeschichte, Redeko von Redern. In der Genealogie der Familie von Redern [4] wird Redeko von Redern als wichtiger Gefolgsmann und Hofmarschall des Markgrafen Waldemar genannt. Sein Name taucht in mehreren Urkunden Waldemars auf. Im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Gutes in Bredereiche um 1304 wird angegeben, dass er sich damit die Burgen von Vehlefanz und Schwante kaufen konnte. Sein Siegel an der Urkunde von Kremmen zeigt auf einem Querstreifen 3 Sterne, die auch später in den Wappen der Familie von Redern, z.B. am Eingang des Schlosses zu Schwante, zu sehen waren (nach 1946 entfernt).

Familienwappen  derer von Redern am Schloss Schwante  (Zeichnung aus dem Litwin-Fotoalbum von 1922)
Markgraf Friedrich Karl Albrecht als Herrenmeister des Johanniterordens  Gemälde von Anna Rosina Lisiewska, 1737 aus dem Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg

Kurz nach Vertragsabschluss wurde unter dem Großpräceptor Paul von Mutina die Balley Brandenburg begründet. Jedoch schon 1323 löste ihn der Deutsche Gebhard von Bortfelde in diesem Amt ab.

Die Vollstreckung der Vereinbarungen zog sich über viele Jahrzehnte hin. Markgraf Waldemar starb am 14. August 1319 in Bärwalde mit 39 Jahren, ein Jahr später sein machtloser Nachfolger Heinrich II. („das Kind“) mit 12 Jahren. Damit erlosch das Geschlecht der Askanier in Brandenburg und es begann ein Gerangel um Land und Besitz, an dem sich fast alle Herrscher der Nachbarländer Brandenburgs beteiligten. Eine relative Ordnung trat ein, als der Wittelsbacher König Ludwig IV („der Bayer“, ab 1328 Kaiser) 1324 seinen Sohn Ludwig II. („den Römer“) mit der Mark belehnte. Endgültig zur Ruhe kam Brandenburg aber erst, nachdem der in der Schlacht am Kremmer Damm von 1412 siegreiche Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg vom König Siegmund 1415 als Markgraf und später als Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg eingesetzt wurde [5].

Waldemar hatte seine Zusage, die Johanniter, ihre Rechte und ihr Eigentum unter seinen Schutz zu stellen, u.a. damit erkauft, dass er von ihnen auch die Pflichten eines Untertanen in seinem Herrschaftsbereich erwartete. In Streitsachen unterstanden sie der Gerichtsbarkeit des Markgrafen. In Vorzeiten fühlten sich die Ordensmitglieder ausschließlich dem Papst verpflichtet. Sollten die vereinbarten 1250 Mark Brandenburger Silber nicht innerhalb von 2 Jahren gezahlt werden, sollte die Stadt Zielenzig in der Neumark mit den zugehörigen Dörfern in den Besitz des Markgrafen bzw. seiner Erben übergehen. Dazu kam es jedoch nicht.

Die in Geschichtsbüchern oft verbreitete Behauptung, dass nach dem Vertrag von Kremmen auch die Oberhäupter der Johanniter in der Balley Brandenburg vom Markgrafen bestimmt werden, ist nicht zu belegen. Sie standen aber meist in einem guten Verhältnis zu diesen. Als König Sigismund im Jahre 1415 den Sieger von Kremmen, Friedrich von Hohenzollern, zum Markgrafen Friedrich I. von Brandenburg kürte, erinnerte er den Johanniterorden daran, dem neuen Herrscher zu huldigen. Einen direkten Eingriff in die Belange der Johanniter gab es durch den Markgrafen Johann von Küstrin aus dem Hause Hohenzollern (1513-1571), als er 1540 den Orden zwang, die für die Versorgung seines Hofes günstig gelegene Komturei Quartschen samt Dom und Zubehör gegen das abgelegene pommersche Amt Schievelbein samt dessen Zubehör an Dörfern zu tauschen [1][3]. Auch der erste protestantische Herrenmeister Joachim von Arnim musste nach seiner Ernennung 1544 auf des Markgrafen Geheiß zuerst diesem und erst danach dem Orden die Treue schwören.

Die inzwischen protestantische Brandenburger Balley unterstand formal dem katholischen deutschen Großprioriat in Heimbach (Pfalz). Zunächst gab es von dort Proteste, z.B. wenn sich die Vorstände der Komtureien vermählten oder wenn katholische Pfarrer durch protestantische ersetzt wurden. Im sgn. Heimbacher Vergleich von 1382 wurden der Brandenburger Balley weitgehende Autonomierechte eingeräumt. Das erleichterte eine gewisse Trennung nach der Reformation im Jahre 1538. Die Balley Brandenburg blieb im Ordens-Verband und führte weiterhin Zahlungen an die Zentrale in Heimbach und nach Malta durch. Der katholische Teil nannte sich von nun an „Malteserorden“.

Im Laufe der Zeit kam es aber immer mehr zu Eingriffen der Brandenburger Herrscher in das Geschehen des Ordens, die formal mit dem Vertrag von Kremmen begründet wurden. Das betraf z.B. die Herausgabe von Ordensgütern (Friedland und Schenkendorf) an den Landesherren [3]. Die Hohenzollern, die ja Brandenburg (später Preußen) seit 1415 regierten, versuchten immer mehr, ihre Günstlinge oder ihre Verwandten in hohe Ordensämter zu lancieren, so dass letztlich daraus eine Tradition wurde. Der erste Hohenzoller im Amt des Priors oder Herrenmeisters in der Balley Brandenburg war Markgraf Friedrich IX. von Brandenburg (1588-1611), Sohn des Kurfürsten Johann Georg. Er wurde mit 14 Jahren „Koadjutor“ des Johanniterordens und mit 22 Jahren Herrenmeister der Balley auf Schloss Sonnenburg. Ihm folgten mit dem Markgrafen Ernst von Brandenburg (1583-1613) ein Bruder des amtierenden Kurfürsten Johann Sigismund, mit Georg Albrecht von Hohenzollern (1591-1615) ein jüngerer Sohn von Kurfürst Johann Georg, mit Johann Georg Markgraf zu Brandenburg ein weiterer Hohenzoller, der bis 1624 das Amt inne hatte. Mit Joachim Sigismund Markgraf zu Brandenburg (1603-1625), einem weiteren Sohn des gleichnamigen Kurfürsten, reißt die Reihe der Hohenzollern-Herrenmeister zunächst ab. Sie wird bis 1692 fortgesetzt durch Herrenmeister aus befreundeten Fürstenhäusern (Adam Graf v. Schwarzenberg 1625–1641, Johann Moritz Fürst v. Nassau 1652–1679, Georg Friedrich Fürst zu Waldeck 1689–1692). Als der Sohn des Großen Kurfürsten, Karl Philipp Markgraf v. Brandenburg-Schwedt (1693–1695) Herrenmeister der Balley Brandenburg wird, beginnt die ununterbrochene Folge von Amtsträgern aus dem Hause Hohenzollern, die bis in die jüngste Zeit anhält:

Markgraf Albrecht Friedrich Prinz in Preußen 1696–1731 (1672-1731),

Markgraf Friedrich Karl Albrecht Prinz in Preußen 1731–1762 (1705-1762)

August Ferdinand Prinz v. Preußen 1762–1811 (1730-1813)

Er war der jüngste Bruder von Friedrich dem Großen, Erbauer des Schlosses Bellevue, dem heutigen Amtssitz des Bundespräsidenten.

Nach dem Frieden von Tilsit 1807 und den von Napoleon von Preußen geforderten Reparationen löste der König Friedrich Wilhelm III. den Johanniterorden 1811 auf, um dessen Besitz zur Schuldentilgung zu verwenden. Sein Nachfolger, König Friedrich Wilhelm IV., reaktivierte den Orden 1852/53. Von den noch lebenden Rechtsrittern aus der Zeit vor der Auflösung wurde der Bruder des Königs, Prinz Karl, als Herrenmeister gewählt.

Prinz Friedrich Karl Alexander Prinz v. Preußen 1853–1883 (1801-1883). Die Wahl des Herrenmeisters fand im Palais des Prinzen Karl in der Berliner Wilhelmstraße statt, das zuvor nach dem Entwurf von Karl-Friedrich Schinkel um 1830 von Friedrich August Stüler (der auch das Kreuz am Kremmer Damm entworfen hatte) umgebaut wurde. Unter Prinz Karl beteiligte sich der Johanniterorden in Genf an der Gründung des Internationalen Roten Kreuzes und legte 1864 den Grundstein für das Deutsche Rote Kreuz. Mit dem Vermächtnis des Prinzen Karl von 1 Million Goldmark aus seinem Nachlass wurde der Grundstock für die materielle Sicherstellung des Ordens in der Neuzeit gelegt.

Friedrich Wilhelm Nikolaus Albrecht Prinz v. Preußen 1883–1906 (1837-1906)

Eitel Friedrich Prinz v. Preußen 1906–1926 (1883-1942)

Oskar Karl Gustav Adolf Prinz v. Preußen 1927–1958 (1888-1958)

Wilhelm-Karl Adalbert Erich Detloff Prinz v. Preußen 1958–1999 (1922-2007)

Dr. phil. Oskar Michael Hans Karl Prinz v. Preußen 1999 (*1959)

Mit dem Historiker Prinz Oskar von Preußen, dem Urenkel des letzten Kaisers Wilhelm II., trat wiederum ein Hohenzoller das Amt des Herrenmeisters der Balley Brandenburg an, der mit Sorge dafür tragen muss, die Tradition des Ordens fortzuführen, die durch den Vertrag von Kremmen einen wesentlichen Grundpfeiler erhielt.

 

Literatur

[1]       Wedekind, Eduard Ludwig: „Geschichte des Ritterlichen St. Johanniter-Ordens, besonders dessen Heermeisterthums Sonnenburg oder der Ballei Brandenburg“, Berlin 1853

[2]       Gahlbeck, Christian u.a. (Hrsg.): „Regionalität und Transfergeschichte – Ritterordenskommende der Templer und Johanniter im nordöstlichen Deutschland und in Polen“ Berlin, 2014

[3]       Klewitz, Andreas von: „Diener zweier Herren – Seit dem vor 700 Jahren geschlossenen Vergleich von Kremen regierten die märkischen Landesherren in die Belange der Johanniter hinein“, in: „Brandenburger Blätter“ Nr. 257 vom 22.Dezember 2017, S. 13

(4)       Redern, Hermann von: Geschichte des Geschlechtes von Redern“, Bd. I u. II, Görlitz 1936 (bearbeitet, ergänzt und herausgegen durch dessen Sohn Carl Wilhelm von Redern)

[5]       Kley, Gerd: „Johann von Hohenlohe-Speckfeld; Ein Adliger aus dem Steigerwald stirbt im Jahre 1412 für den Einzug der Hohenzollern in die deutsche Geschichte“, in: Jahrbuch Württembergisch Franken 2015, S. 27-46.

[6]       Hoppe, Marion: „Berlin – Die Dorfkirche Alt-Tempelhof“, Regensburg 2012, darin Artikel von Ulrich Waak (Baugeschichte) und Michael de Nève (Tempelhof)